für´s Hirn und von Herzen
Der begnadete Texter und Songwriter überraschte mit einer zweiten Solo-Veröffentlichung - die erste, "Er selbst", ist schier unübertrefflich, zählt für mich zu den besten Alben der Musikgeschichte überhaupt (da braucht jetzt keiner zu lachen - wer's nicht kennt schon mal gar nicht!) und legte damit die Messlatte unglaublich hoch. ...jedenfalls wäre dies so, wenn der Schiffi ein internationaler "Überstar" wäre, der jedes Mal noch tollere, noch spektakulärere Dinge abliefern soll... ...ist er aber nun mal nicht - zum Glück! Die CD schlägt von Anfang an einen völlig anderen Kurs ein als ihr Vorgänger (kann man das nach 13 Jahren überhaupt so nennen?). Autobiografische Geschichten über seine Anfangszeit als Straßenmusikant und Weltreisender setzt Schiffi höchst authentisch um mit ruhiger, folkiger, sparsam instrumentierter Musik, die sich nicht aufdrängt, einen aber nach mehrmaligem hören stark für sich einnimmt und das gute Gefühl vermittelt, dass hier etwas absolut stimmiges geschaffen wurde.
"Hotel Gülhane", "In Zürich" (netter Gag: der ca. 5 Sekunden lange spöttische Chorgesang mit u. a. Wolfgang Ambros und Prof. Willi-Kurt Ostbahn-Resetarits zum Finale) und "Die Stadt erwacht" haben auf einer 10-Punkte-Skala allesamt den Höchstwert verdient, da sie so wunderbar lebensnah erzählen.
Das in Zusammenarbeit mit seinem verehrten Idol Donovan entstandene "In the Music" finde ich persönlich allerdings absolut grauenhaft - so klischeehaft und altersschwach habe ich noch nie einen Schiffkowitz-Song erlebt. Ich verzeih's ihm, gönne ihm das schöne Erlebnis dieser Kooperation und überspringe das Lied einfach...
Aus den Titeln "Immer wieder des gleiche" und "Was mach I da" spricht sehr viel Lebenerfahrung - absolut treffend und stimmig, ich kann jedes Wort exakt nachfühlen und gebe für beide Titel 9 von 10 Punkten, also aufgerundete 5 auf der amazon-Skala.
Bleiben 4 Titel: "Zwei Fenster" ist eine traumhaft schöne STS-Hymne (beide Kollegen wirkten als Autor und/oder Musikant mit) und transportiert das "typische Feeling" des großartigen steirischen Dreiers - 10 Punkte.
"Heimat", "Welt ohne Religion" und "Das Heilige Feuer" zeigen dann den großen Poeten und Humanisten und den brillianten Songschreiber Schiffkowitz auf der absoluten Höhe seiner Kunst: Texte voller differenzierter Gedanken, auf den Punkt gebrachter Formulierungen und stimmiger Sprachbilder. Kompositorisch finden sich viele Schiffkowitz-Facetten: "grungige", an "Er selbst" erinnernde Parts in "Welt ohne Religion", den Beatles (ich denke z. B. an "Penny Lane" oder "Strawberry Fields") huldigende Klangbilder im "Heiligen Feuer", aber auch orchestrale, stimmungsvolle Passagen ("Heimat"), die man so noch nicht von ihm kennt - hier gibt es ein Füllhorn an Substanz und Relevanz, dazu wunderbare Gäste (die Freunde Boris Bukowski und Willi Resetarits, Insingizi) und dieses schwer definierbare etwas, für das mein Lieblingsrezensent hier einmal den Begriff "Dringlichkeit" geprägt hat. Drei Titel, die alleine den Kauf dieser CD rechtfertigen - 3 x Höchstpunktzahl!
Das liebevoll gestaltete Booklet, das u. a. alle Beteiligten auf stimmungsvollen Bildern im Studio zeigt, ist das Sahnehäubchen auf einer ganz exzellenten Melange. Dieses eher ruhige Werk wird eines meiner "Alben des Jahres" bleiben - ich wünschte nur, der Mann hätte einen 5-6 mal größeren Tonträger-Output... andererseits: Genau das ist wohl das Geheimnis seiner Qualität... Gerne beziehe ich mich abschließend auf das im Booklet genannte Zitat vom leider verstorbenen Kurt "Supermax" Hauenstein, der Schiffi auf den Weg gab: "Mochts wos, wos von Herzen kommt!" ...sie haben es zu 100,0 % umgesetzt - ich höre es in jedem Ton. |